Schwerpunktprojekt Editorial, ab dem 3. Studienjahr, Wintersemester 2014/15

Jeder kennt den Satz: »Think global, act local«, der im Zeichen der Globalisierung nicht nur eine Marktstrategie beschreibt, sondern auch dazu aufruft, den persönlichen Lebensraum vor Ort zu entwickeln und aktiv mitzugestalten. Das »global village« (McLuhan) hat Vor- und Nachteile gebracht. Viele Menschen haben die Schäden, die durch die Globalisierung verursacht werden, erkannt und agieren lokal.

Junge Leute gehen weg aus den großen Städten; das Private, das Kleine, Überschaubare liegt im Trend: die Heimat und das Lokalpatriotische, der Kiez und die Gemütlichkeit. In einer Zeit, in der wir stets die ganze Welt auf dem Schirm haben, ist die soziale Kontrolle weniger ein Schreckgespenst als die Anonymität, und so nimmt der kleine, persönliche Kosmos wieder an Bedeutung zu. Die Zeit prägte für diesen Rückzug in die Beschaulichkeit den Begriff »Bionade-Biedermeier«: Das Private, das Zuhause ist wichtig, sich geborgen fühlen, gemeinsam kochen und essen, Freunde einladen und Familie leben, das eigene Soziotop hegen und pflegen.

Was ist dran am Lokalen? Was ist das Besondere an kleinen Orten, Städten, Dörfern? Konkret: Warum ist für viele (gerade auch für Burg-Studenten) Halle reizvoller als Berlin, Amsterdam oder Hamburg? Warum wollen viele gar nicht weg oder kommen schnell wieder her?

Das Stadtmarketing von Halle bietet das Laternenfest, Nachtwächterführung, Händelfestspiele, Saale-Fahrten, das Salz-Fest, einen Marathon und vieles mehr, aber ist es das, warum die Menschen hier leben wollen? Was macht den Reiz des Ortes aus? Wie gestalten gerade junge Leute hier ihr Leben?

Gibt es neben den Marketing-Highlights etwas Anderes, Unbekanntes, Verstecktes, eine spannende Kultur neben der offiziellen Spur? Oder geht es um leichte Bedingungen in den kleineren Orten, billige Mieten, einfache Strukturen, überschaubare Probleme? Was leben hier für Leute? Erlebnisse, Plätze, die man mag und Menschen, die man kennt, Gerüche, Farben, Begegnungen und Lieblingsorte? Was hat diese Stadt in der Provinz, was eine große Stadt und die weite Welt nicht hat?

Wir machen uns auf die Suche nach den Geschichten, die in der Provinz stecken, nach den Parallelwelten, die nicht im Reiseführer vorgestellt werden und die den Charme und die Eigenheit eines Ortes ausmachen. Jeder Studierende stellt seine Sicht vor, nimmt diese Stadt als Ausgangspunkt für Recherche, Erzählung und Gestaltungskonzept. Es gibt eine Fahrradtour durch die Stadt, wir besuchen unsere Partnerstädte Karlsruhe, Linz und Grenoble und laden Prof. Matthias Noell, 2x Goldstein und den Berliner Designer Lars Krüger in das Seminar ein.