Atelier 3 Modul - Abschlussprüfung der Klasse für bildhauerische und performative Praxis / Prof. Stella Geppert

Ich habe mich in meiner Abschlussarbeit "Von Linien & Falten" (06/2023) dem Thema des „weiblichen“ Alterns und hier im besonderem Maße dem körperlichen Merkmal der Falte gewidmet. Dieser Arbeit liegt wie vielen meiner künstlerischen Arbeiten ein gesellschaftspolitisches & feministisches Interesse zugrunde. Ausgangspunkt für die Recherche war mein eigener Umgang mit dem Älterwerden.

Alter ist eine Differenzkategorie. Jeder Mensch nutzt solche Kategorien, um sich einfacher & schneller in einer komplexen Welt orientieren zu können. In unserer Gesellschaft ist Alter eng an Geschlecht gekoppelt. Binär und klischeehaft gesprochen altern Männer attraktiver. Sie bekommen markante & interessante Linien, wohingegen Frauen mit dem Alter & den damit zunehmenden Falten eher an ihrer Attraktivität & fuckability (Vgl. Liv Strömquist) verlieren. Weiblich gelesene Körper werden gesellschaftlich nach wie vor stärker am Ideal der jugendlichen Schönheit gemessen als cis-Männer und alleinlebende flinta* haben z.B. ein vielfach höheres Risiko, in Altersarmut zu leben. Für meinen Rechercheprozess habe ich über 60 Frauen befragt. Als Impuls erhielten meine Interviewpartner*innen (die zwischen 21 und 86 Jahre alt waren) die gleichen Reflexionsfragen, die sich mit folgenden Themen befassten: Bedeutung des Alters, Falten, Schönheitsideale, Körperbilder, Vergleiche mit anderen, Reproduktion, Zukunftsgedanken und die Möglichkeit eines feministischen Alterungsprozesses. Neben dem auditiven Material habe ich ein Bildarchiv mit Portraitfotos und den Detailfotos von Falten mir nahestehender Personen angelegt.

Wann beginnt das Alter(n)? Wie wird es geschlechtsspezifisch gedeutet und bewertet? Wie wird Alter(n) gesellschaftlich, kulturell und individuell wahrgenommen? Inwiefern sind Alter(n), Schönheitsideale und unser Geschlecht miteinander verwoben?

Aus diesem dokumentarischen Archiv sind einerseits eine 15-minütige Soundarbeit entstanden, sowie großformatige Tuschezeichnungen (Landkarte I - VII), experimentelle Zeichnungen und digitale Collagen „Faltenarchiv“ (I - V) und „Faltenobjekte“ (I - VII).

Für meine Auseinandersetzung mit dem Alterungsprozess von weiblich gelesenen Personen in unserer Gesellschaft und dem Fokus auf Gesichtsfalten wollte ich mich einem Thema widmen, welches in unserer Gesellschaft zu wenig Beachtung bekommt. Ich habe Falten betrachtet, fotografiert, gezeichnet, collagiert, verfremdet, fragmentiert, sie aus ihrem Kontext entnommen, um Falten neu (& humorvoll) zu betrachten. Auch den weiblich gelesenen Befragten wollte ich einen Raum für deren Gedanken zum Altern geben.



In diesem Sinne, Mut zur Falte!