Diplompräsentation - betreut von Prof. Tilo Baumgärtel

Ich schwanke immerzu zwischen der „Malereiwelt“ und der „realen Welt.“ Womit beschäftige ich mich in der „Malereiwelt“ und wann wird der Inhalt / das Sujet wichtig, das sich aus der „Realität“ generiert?

In der Malereiwelt geht es um malereiimmanente Themen wie Form, Farbe, Licht und Schatten, Fläche, Linie, Punkt, Komposition, Bewegung, Körper-Raum-Beziehung, Verdichtung vs. Reduktion, Tempo usw. Die Begriffe Figuration und Abstraktion finde ich nicht zutreffend für meine Arbeit, manchmal benutze ich sie jedoch aus Bequemlichkeit, in Gesprächen über Kunst.

Das reale Erleben, die Lebenswirklichkeit drängt sich manchmal der Malereiwelt auf, stülpt sich darüber, überschattet sie. Was meiner Meinung nach das Malereistudium sehr schwierig gestaltet, da die Welt um uns Studierende herum in einem sehr viel schnelleren Tempo abläuft als das Maltempo unabhängig davon, wie schnell das eigene Maltempo ist oder eben die Beschäftigung mit Malerei.

Bilde ich ein Organ ab bzw. deute etwas an, was auf ein Organ hinweisen könnte oder ist die Leinwand selbst das Organ und die Oberfläche ihre Haut? Mit Falten, Farben und Schattierungen, Erzählungen, Marken, Spuren? Ist die Haut eine Wasseroberfläche und die Tiere in der Tiefe sind die Organe? Findet in der Tiefe eine Szene statt, eine Straßenszene auf Asphalt, der die Erde zusammenhält, über der sich ein Gewitter zusammenbraut?

Mal ist etwas proportional der Leinwand angepasst und spielt sich zwischen den vorgegebenen Rändern der Außenkanten ab, aber meistens geht die Erzählung darüber hinaus und scheint so, als hätte man in ein Bild hinein gezoomt und steht nun vor einem vergrößerten Detail. Manchmal stapeln sich erzählerische Fragmente, Hautfetzen, Fruchtfleisch. Manchmal sind sie linear angeordnet. Es überschneiden sich transparente Farbfelder oder fette Ölfladen mit fragmentarischen Abbildungen. Blobfisch oder Körperteil? Darmschlinge oder Schrimp?

Der Rückblick auf die Vergangenheit lässt die Erlebnisse verschwimmen, sich verändern, sie teilweise unter dem Brennglas betrachtet miteinander verschmelzen. Das tatsächliche Ereignis verschmilzt mit der Reflektion darüber und generiert sich immer wieder neu in der Gegenwart und immer wieder neu in der Gegenwart und immer wieder neu in der Gegenwart...

Die Beschäftigung mit mir selbst und das nach Außen tragen der dadurch resultierenden Malerei, bergen die Hoffnung, dass sich Andere darin wiederfinden. Wieso ist eine Arbeit so reduziert im Vergleich zur anderen? Wenn ich male, male ich meistens seriell an mehreren Arbeiten gleichzeitig. Das bedeutet auch, dass mein Ziel nicht immer ist, alles auf eine Leinwand packen zu müssen, was mich beschäftigt. Mit einer angestrebten Ausstellung, einem Katalog im Hinterkopf, wäge ich ab, bis ich zu einem Gleichgewicht komme.

So entstehen Arbeiten, die sich eventuell für Betrachter*innen in unterschiedlichen Stadien befinden mögen. Bei einigen sind mehrere Schichten / Ebenen übereinander gelegt, was mich an eine Arbeit von Wolf Vostell erinnert.
Bei anderen habe ich entschieden, nach der ersten oder zweiten Schicht aufzuhören.

In einer Ausstellung neige ich eher dazu, in der Masse der Arbeiten überfrachten zu wollen. Das muss nicht in jeder Arbeit separiert betrachtet geschehen. Postbarock? Postklassizistisch? Postmodern? Nur wenn man davon ausgeht, dass diese Epochen jemals abschlossen waren.