Schwerpunktprojekt Editorial, Sommersemester 2014, Prof. Anna Berkenbusch, Dipl.-Des. Ferdinand Ulrich

Mit Leerstelle bezeichnet man einen Zwischenraum, den freien Raum zwischen zwei Dingen, den Spielraum zwischen etwas, die Lücke oder auch einen zeitlichen Abstand, der zwischen zwei Vorgängen oder Tätigkeiten liegt.

 

Der Zwischenraum ist ein interessanter Zeitraum oder Ort, der im Übergang von einer Phase in eine andere oft unerwartete Freiheiten eröffnet.

Leerstellen können verlassene Orte oder aufgegebene Visionen sein.

In der Literatur ist die Leerstelle etwas, das nicht konkret benannt oder erklärt wird, der Leser ist angehalten, seine eigenen Assoziationen und Interpretationen einzubringen und wird somit aufgefordert, diese Lücken durch eigene Gedanken zum Text zu füllen. Oft findet man Leerstellen an Übergängen zwischen zwei Textebenen bzw. beim Aufeinandertreffen von Texten mit unterschiedlichen Zeit- oder Bedeutungsebenen.

 Auch in der Fotografie gibt es sowas wie Leerstellen: mit manchen Bildern, die täglich in den Medien erscheinen, verbindet man sofort ein Ereignis, auch wenn sie nur einenTeil der Geschichte erzählen und so in den Köpfen der Betrachter eine andere (oder auch falsche) Geschichte entstehen lassen, die sich dann im kollektiven Bewußtsein festsetzt.

Leerstellen können auch Lücken in der Erinnerung sein, weiße Stellen in der kollektiven Erzählung einer Gruppe oder Gesellschaft.

 Aus den Grundlagen der typografischen Gestaltung kennen wir die Leerstelle als Zwischenraum zwischen Worten, den Wortabstand, der eine kurze Pause bedeutet, sowie den Begriff Vakat, eine leere Seite in einer Publikation.

 Im Sommersemester werden wir uns mit dem Begriff Leerstelle beschäftigen.

Mögliche Interpretationen des Themas können sich auf Architektur, Politik, soziales Leben, Kunst oder Literatur beziehen. Es sind dazu im Großen Interventionen im Stadtraum ebenso denkbar wie im Kleinen die Gestaltung mit Zwischenräumen bzw. Leerstellen in Bezug Bedeutung und Tempo eines Textes.