Bachelorarbeit von Max Greiner 2023
betreut durch Prof. Mareike Gast
Schlacke (engl. slag) ist ein komplexes mineralisches Sekundärprodukt aus der Eisen- und Stahlgewinnung.
ABOUT SLAG - TRANSFORMING POSTNATURAL MATERIAL stellt gestalterische Ansätze für einen alternativen Umgang mit Hochofenschlacke vor, indem das Material in Form einer schlackebasierten Glasmasse und Metallbeschichtung in verschiedene handwerkliche und industrielle Kontexte übersetzt wird.
Die Ergebnisse der Experimente sind objekthafte Materialsamples, welche die Potentiale einer Umnutzung von Schlacke in verschiedenen Verfahren illustrieren - Emaillieren, Glasblasen und Glass Casting.
In der spekulativen Zusammenführung und Gegenüberstellung von Primär- und Sekundärprodukt, werden die Kategorien, in die wir Ressourcen unterteilen hinterfragt. Postnatürliche Materialien wie Schlacke sind eine Chance, die Vorstellungen darüber neu zu verhandeln, wie Rohstoffe zukünftig gewonnen, verwendet und von den beteiligten Akteuren wahrgenommen werden.
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ABOUT SLAG - TRANSFORMING POSTNATURAL MATERIAL entstand in einem freien Bachelorprojekt mit dem Ziel, Konzepte und Visionen zu entwickeln, welche Hochofenschlacke im Sinne aktueller Nachhaltigkeitsansätze nutzbar machen. Es sollte reflektiert werden, wie wir als Gesellschaft mit relevanten Sekundärressourcen umgehen wollen, die unter anderem im Zuge der fortschreitenden Technisierung auftauchen. Üblicherweise kommt Hochofenschlacke, ein komplexes metallurgische Sekundärprodukt, als Zuschlagsstoff in Beton, Asphalt und Zement zum Tragen und ersetzt so Sand und Klinker.
ABOUT SLAG entwirft eine Vision, in welcher Hüttensand (feingranulierte Hochofenschlacke) in Form von Glas und Metallbeschichtungen gestalterisch kontrollierbar und kreislauffähig wird. Die chemische Zusammensetzung und historische Verwendung der Hochofenschlacke lässt den Schluss zu, dass es sich durchaus lohnen könnte, sie in Form des Hüttensandes für die Herstellung von Glas zu nutzen. Neben den Hauptbestandteilen Siliziumdioxd und Calciumoxid, sind auch mit dem Abbau von Tonerde (Aluminiumoxid) erhebliche Eingriffe in die Natur verbunden. Das geht sehr häufig auf Kosten wertvoller Biotope. Für die Renaturierung bzw. Rekultivierung müssen erhebliche finanzielle Mittel eingesetzt werden. Im Interesse der Ressourcenschonung und des Naturschutzes bietet sich ein Einsatz der Hüttenschlacke an. Zusätzlich gibt es mehrere Studien, die bestätigen, dass mit einer Verwendung von Schlacken enorme Mengen CO2 eingespart werden können, der Schmelzprozess durch diverse chemische Reaktionen unterstützt wird und andere glastechnisch relevante und wertvolle Chemikalien (z.B. Magnesiumoxid) kostengünstig substituiert werden können.
Über viele Experimente wurde eine Glasmasse hergestellt und anschließend in drei verschiedenen Richtungen verarbeitet - Glasscasting in Gipsschamottformen, klassisches Glasblasen, und Emaillieren. Drei handwerkliche Richtungen, die es im Austausch mit den jeweiligen Fachmännern erlaubt haben, die Schlacke in verschiedene Kontexte zu übersetzen und ihre Materialeigenschaften und Ästhetik zu illustrieren.
Besonders spannend ist der Versuch des Emailierens, welcher die im ersten Prozessschritt getrennte Schlacke wieder mit dem Metall in Verbindung bringt und so das Primärmaterial mit dem Sekundärmaterial auf eine Ebene hebt und darüber Dialoge über die Wahrnehmung und Klassifizierung oder Wertung von Materialien erlaubt.
Der Gedanke hinter den entstandenen Materialproben, Samples und konkreter gestalteten Objekten ist es, ein möglichst breites Spektrum an materialtechnischen Eindrücken über das schlackebasierte Glas zu ermöglichen. Verschiedene Materialstärken, Oberflächen, Farbigkeiten etc.. Die Ergebnisse teilen sich dabei grob in drei Gruppen auf: Experimente, Halbzeuge, Objekte. Die Experimente sind teils zielgerichtet, teils frei entstanden. Die Halbzeuge (Scherben, Flachglas) sind der Form ihrer Weiterverarbeitung angepasst. Die Objekte sind ausgestaltete Materialsamples, die verschiedene Aspekte des jeweiligen Verfahrens beleuchten.
Der Umgang mit abstrakten, postnaturalen Materialien bietet Chancen, Vorstellungen und Vorbehalte über Materialgewinnung, Verwendung und Wahrnehmung neu zu verhandeln - sowohl von der Industrie als auch von den Verbrauchern. Die Wiederverwendung von Schlacke als Glas und Beschichtungsmaterial stellt einen Akt der Transformation dar, über welchen das komplexe heterogene Material handwerklich und gestalterisch greifbar wird.
Die Zeit wird kommen, in der solche und ähnliche antidissipative Maßnahmen im Sinne der Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit erforderlich sind, um die Produktion von hochwertigen Materialien wie Glas zu gewährleisten. Das Fördern von Sand, Kalk und anderen Inhaltsstoffen ist schon jetzt kritisch zu betrachten, weshalb postfossile Zukünfte und Ressourcen wichtige Themen sind und bleiben.